Wie führe ich ein Recherche-Gespräch für mein Buch?
Aktualisiert: 7. Apr.
„Wie recherchiert man Schicksale mit Fingerspitzengefühl?“, das war eure Frage zum Thema „Recherche für AutorInnen“. Hier erfahrt ihr, wie ihr eine Gesprächsführung macht, von der alle etwas haben.
Im vorherigen Beitrag ging es darum, die richtigen GesprächspartnerInnen zu finden. Jetzt geht es um die Frage: Wie führe ich ein Recherche-Gespräch mit Fingerspitzengefühl? Die wichtigste Voraussetzung schafft ihr vorher: Informiert euch gut. Wenn es etwa um eine Krankheit geht, könnt ihr vorher typische Verläufe und Behandlungsmöglichkeiten recherchieren. Dann muss euer Gesprächspartner nicht bei Null anfangen und fühlt sich besser verstanden.
Weitere Tipps für eine respektvolle Gesprächsatmosphäre:
Macht euch bewusst, was genau ihr wissen wollt
Sagt im Gespräch offen was ihr euch von dem Gespräch erhofft und fragt nach, ob es Tabuthemen gibt
Schafft eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, indem ihr zu Beginn einen Einblick in euer Projekt gebt und über eure Unsicherheiten sprecht
Zu Punkt 1: So findet ihr heraus, was ihr wissen müsst
Welchen Raum nimmt das sensible Thema (z.B. eine Krankheit) in der Handlung ein und welche Funktion hat sie? Ist ein Hauptcharakter betroffen oder eine Nebenfigur?
Soll die Krankheit:
einen Wertewandel der Hauptfigur auslösen?
die Konfliktlinien innerhalb einer Familie sichtbar machen?
einen Wendepunkt in der Handlung möglich machen, zum Beispiel einen Ortswechsel
Je nachdem um was es euch geht, müsst ihr andere Fragen stellen. Zum Beispiel:
Hat die Krankheit die Art verändert, wie du auf die Welt blickst? Ab wann?
Wen hast du wann ins Vertrauen gezogen?
Könnte die Behandlung überall erfolgen?
Die Antworten auf diese Fragen verraten euch, was Schwerpunkt des Gesprächs sein wird: etwa die innere Auseinandersetzung mit der Krankheit oder die Reaktionen der Außenwelt.
Zu Punkt 2: Recherche-Gespräch vs. Privatgespräch
Erst einmal ist es natürlich wichtig, dass sich euer/eure Gesprächspartner:in bei euch in guten Händen fühlt. Sprecht offen über die Themen, die euch wichtig sind. Und - mindestens genau so wichtig - behaltet die Gesprächsführung. Vergesst nicht, dass dies kein normales Gespräch ist. Ihr habt konkrete Fragen und eure Gesprächszeit ist begrenzt. Das bedeutet: Haltet eure Fragen im Blick. Macht euch im Idealfall eine Liste mit den wichtigsten Punkten. Besonders bei schweren Schicksalen neigt man dazu, Sprechenden das Gespräch zu überlassen. Ihr sitzt aber nicht zum privaten Plausch zusammen - und da ihr das auch von Anfang an klar gemacht habt, ist es auch vollkommen okay, bei euren Fragen zu bleiben;-)
Zu Punkt 3: So schafft ihr eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre
Ihr habt noch nie einem Menschen mit Behinderung gegenüber gesessen? Ihr habt noch nie mit einer nonbinären Person gesprochen und seid verunsichert, wie ihr sie ansprechen sollt? Redet darüber! Niemand wird euch eure Unsicherheit übel nehmen. Im Gegenteil, euer gemeinsames Ziel ist es, ein Thema so darzustellen, dass sich Betroffene in eurem Buch gesehen und respektiert fühlen.
Zudem schafft ihr viel Vertrauen, wenn ihr eurem Gesprächspartner erklärt, was ihr plant. Natürlich müsst ihr nicht euren gesamten Plot erzählen. Nennt das Genre und evtl. eine wichtige Einordnung. Stellt euch vor, eure Gesprächspartner halten das fertige Buch in den Händen. Was sollten sie vorher wissen? Wenn ihr beispielsweise einen Bundeswehr-Thriller schreibt, in dem die Bundeswehr sehr kritisch gesehen wird, solltet ihr es den SoldatInnen sagen, mit denen ihr sprecht.
Fazit: Bereitet euch auf euer Gespräch vor, indem ihr Faktenwissen recherchiert. Macht euch klar, was euch hemmt und verunsichert. Und vor allem: Formuliert klare Gesprächsziele. Wenn eure Gesprächspartner merken, dass ihr euch wirklich mit dem Thema beschäftigt habt und offen für ihre Anmerkungen seid, ist das die beste Grundlage.
Und was passiert nach dem Schreiben? So macht ihr euer Manuskript durch einen nachträglichen Faktencheck und Sensitivity Reading wasserdicht.
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